Auf dem Dach Südtirols
Sanfter, warmer Wind steigt von unten aus dem 750 Meter tiefer gelegenen Tal zu uns hinauf, immer an den steilen Bergwänden entlang. Wir blicken fasziniert nach unten – und können es kaum fassen. Wir sind gerade erst zu unserer Tagestour entlang des Meraner Höhenwegs aufgebrochen und bringen es einfach nicht fertig, weiterzulaufen. Denn allein dieser erste Ausblick ist einfach grandios: Die Sonne wärmt die trockene Herbstluft Südtirols schon vormittags auf fast sommerliche Temperaturen.
Es sind knapp über 20 Grad; der Blick streift über die Gipfel benachbarten Bergzugs, der sich gegenüber dem Flusstal entlang zieht. Wir hören das leise Rauschen des Verkehrs unten im Tal, dazu das Kreischen eines Greifvogels über uns und die Glocken der Almkühe neben uns.
Wandern in Meran – Die Anreise
Auf der Autobahn ging es über Innsbruck und den Brennerpass bis nach Bozen, Südtirols Hauptstadt. Danach fuhren wir in Richtung Westen auf der Landstraße über Meran weiter und durch das steil eingeschnittene Tal des Flusses Etsch, der aus Richtung der Grenze zur Schweiz kommt. Dieses Tal ist sichtlich vom mediterran geprägten Klima begünstigt, denn ein Meer aus rot-gelben Früchten an unzähligen Apfelbäumen zieht sich kilometerlang an den Flussufern entlang.
Naturns – Wandern und Campen in Südtirol
Als Basislager haben wir uns einen kleinen, alteingesessenen Campingplatz in einem ebenso kleinen Ort am Fluss ausgesucht: Naturns, knapp 20 Kilometer westlich von Meran und gut 60 Kilometer östlich vom Stilfser Joch. Der Campingplatz Adler liegt mitten in Naturns. Die engen Gassen des Ortes erfordern mit einem Wohnwagen oder großen Wohnmobil ein wenig Rangierkunst und Vorsicht. Aber dafür gibt es für die abendliche Erholung eine Platz-eigene Sauna und auch ein kleines Schwimmbad. Keine pompöse Saunalandschaft und kein Erlebnisbad mit grell-bunten Wasserrutschen, sondern alles gemütlich, familiär und freundlich eingerichtet. Und alles im Ort ist vom Platz aus zu Fuß erreichbar: Restaurants, Cafés, Einkaufsmarkt und auch die Talstation der Seilbahn auf den Sonnenberg.
Äußerst praktisch, denn die Seilbahn nutzen wir für unser eigentliches Ziel: Wandern auf dem Dach Südtirols, dem Meraner Höhenweg. Der zieht sich hier hoch oben über dem Tal des Flusses Etsch immer am steilen und sonnenbeschienenen Berghang entlang. Dieser Höhenweg verläuft eigentlich rund um die Texel-Berggruppe, insgesamt 93 Kilometer weit. Man kann hier tagelang laufen und zwischendrin in idyllischen Berggasthöfen übernachten.
Der nördliche Teil dieses Ringwegs gilt in einigen Abschnitten als hochalpin und liegt auf bis zu 3000 Meter Höhe. Diese Teile des Höhenweges sind stark wetterabhängig und durchaus anspruchsvoll. In jedem Fall ist dieser Teil des Weges ein echtes Highlight für alle, die zum Wandern nach Südtirol reisen. Für unsere Tagestour wählen wir jedoch den niedriger gelegenen, südlichen Teil des Höhenwegs.
Wandertour auf dem Meraner Höhenweg
Die Tour startet an der 1300 Meter hoch gelegenen Bergstation der Seilbahn Unterstell oberhalb von Naturns und bereits diese erste Aussicht raubt uns fast den Atem. Beeindruckt sehen wir den steilen Hang hinunter ins Flusstal, lassen unsere Gesichter von der milden Herbstsonne wärmen, während unsere Blicke über die gegenüberliegenden Berggipfel schweifen. Es ist einfach unfassbar schön hier. Und genau deshalb kommen wir nur langsam in Richtung Osten voran.
Gefühlt alle zwei Minuten bleiben wir fast fassungslos stehen, um wieder einen neuen Ausblick auf uns wirken zu lassen. Mehr Zeit einplanen beim Wandern in Südtirol und Meran muss man also nicht deshalb, weil der Weg beschwerlich wäre – im Gegenteil, er verläuft meist mäßig hügelig und bis auf maximal 1800 Meter, sodass das Gehen nur wenig Anstrengung erfordert. Und selbst wenn mal eine stärkere Steigung oder ein ordentliches Gefälle zu überwinden sind, dann gibt es fast immer rustikal aussehende, aber gut begehbare Treppenstufen.
Wandern in Meran – Das Tal der 1000 Stufen
Stufen – das ist das Stichwort auf knapp der Hälfte unserer heutigen Tour. Denn auf der von uns gewählten Etappe liegt das Lahnbach-Tal, genannt das Tal der 1000 Stufen. Diese Etappe ist die Ausnahme auf diesem südlichen Teil des Meraner Höhenwegs, der sonst so sanft hügelig von Berghof zu Berghof führt. Denn das Tal der 1000 Stufen macht seinem Namen durchaus Ehre. Hier hat der Gebirgsbach über Tausende von Jahren einen tiefen Einschnitt in den Berghang geschnitten. Man steigt Stufe für Stufe hinab zum Bach, um anschließend auf der anderen Seite genauso Stufe für Stufe wieder hinaufzusteigen. Angeblich sind es aber doch nur 987 Stufen – wir haben nicht nachgezählt.
Die Passage ist nicht gefährlich und erfordert kaum Klettergeschick. Eine der leichteren Abschnitte beim Wandern in Südtirol. Nach vorangegangenen Regenfällen und deshalb rutschigem Untergrund erfordert der Weg allerdings eine ordentliche Portion Konzentration. Und der Wiederaufstieg strengt je nach individueller Verfassung durchaus an. Die hier durch den herabfließenden Gebirgsbach feuchte Luft kühlt den durch Anstrengung erwärmten Körper dennoch recht gut. Wieder oben angekommen, verläuft der Weg weiter wie zuvor. Dort kann man über noch sattgrüne Almwiesen, vorbei an erstaunlich trittsicheren Bergkühen, durch große Gruppen von herbstlich golden gefärbten Bäumen, über schroffe Felsvorsprünge und muntere Gebirgsbäche zu immer neuen Almhöfen wandern.
In Südtirol laden vielerorts zumindest die als Gastwirtschaft ausgerichteten Höfe immer zu einer Rast ein. So auch hier: idyllisch gelegen, mit herrlichem Ausblick von der Sonnenterrasse und mit verführerischen Schmankerln auf der Speise- und Getränkekarte, die Essen und Trinken hier aus der Region anbietet. Pommes und Ketchup gibt es selten, dafür deftigen Räucherschinken, würziges Brot und selbstgemachte Limonaden aus Bergkräutern.
Wandertipp Meran: Auf das Timing kommt es an
Gerade auf diesem milden, südlichen Teil des Meraner Höhenwegs könnte man – wenn man es darauf anlegt – im Schnitt wohl alle 45 Minuten bei einem Gasthof einkehren. Das ist für uns dieses Mal leider nicht drin, und so wandern wir lediglich weiter bis zur Bergstation der Texel-Seilbahn, die auf 1550 Meter Höhe liegt. Gerade noch rechtzeitig erreichen wir das Kassenhäuschen, denn Ende Oktober beendet die Seilbahn ihren Betrieb bereits um 18 Uhr. Der Lift bringt uns für neun Euro pro Person in wenigen Minuten wieder hinunter ins Tal der Etsch in den Ort Rabland.
Unsere heutige Etappe auf dem Meraner Höhenweg hat inklusive Pausen, Einkehr in zwei Berggasthöfen für Mittagessen und Kaffee und Kuchen sowie jede Menge Trödelei beim Bestaunen der Natur knapp 7 Stunden gedauert.
Der sanfte, warme Wind begleitet uns am nächsten Tag und wärmt uns hier unten im Tal bei einer Radtour. Morgen müssen wir wieder zurück und er uns fehlen, dieser sanfte, warme Wind im Gesicht.
Der Vinschgau-Radweg schlängelt sich mal am nördlichen, mal am südlichen Ufer der Etsch entlang durch die Orte Kastelbell, Latsch und Göflan immerhin bis Laas. Man radelt vorbei an kilometerlangen Apfelbaumplantagen und eigens am Radweg aufgebaute Fahrrad-Rastkioske mit kleinen Sonnenterrassen direkt am Wasser. Hier und dort führen alte, malerische Brücken in traditioneller Bogenbauweise über den Fluss.
Die Route präsentiert sich wirklich angenehm ausgebaut und fast durchgehend geteert. Selbst mit einem schmal bereiften Rennrad hätte man kaum Probleme. Ein Mountainbike wäre also nicht notwendig, zumal es immer am Fluss entlang auch keine größeren Steigungen zu bewältigen gibt.
Wir sind am Ende unserer Reise mit dem Camper entlang des Meraner Höhenwegs angekommen und hoffe, wir konnten dich inspirieren! Wir freuen uns, wenn du bei PaulCamper das passende Wohnmobil findest und wünschen dir happy Camping!
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