Wir schaffen maximal 60 km\/h, sonst h\u00fcpft das Geschirr aus den Schr\u00e4nken. Etwa alle 200 bis 250 km wollen wir einen \u00dcbernachtungsstopp einlegen. Es gibt keine gr\u00f6\u00dferen Abzweigungen auf dem Dempster und exakt drei Tankstellen. Daf\u00fcr f\u00e4hrt man zwischendurch \u00fcber mehrere Landebahnen f\u00fcr Propellermaschinen. Handyempfang sucht man auch vergebens, wenn man nicht gerade ein Satellitentelefon nutzt. Mit etwas Gl\u00fcck trifft man sogar auf Grizzly-B\u00e4ren.<\/p>\r\n\r\n\r\n\r\n
\u00a0<\/div>\r\n\r\n\r\n\r\n
Wir freuen uns tierisch auf unser Abenteuer durch das kanadische Hinterland. Angst haben wir keine, nur der Ford muss durchhalten. Das tut er auch, ganze zwei Tage. Am dritten Tag f\u00e4ngt der Motor an, fehlzuz\u00fcnden. Flammen schlagen aus dem Auspuff des alten Wohnmobils. Durch Kanada kommen wir so jedenfalls nicht mehr.<\/p>\r\n\r\n\r\n\r\n \r\nRoad Trip zum Ende der Welt: Inuvik war bis dato der n\u00f6rdlichste Punkt, den wir mit dem Wohnmobil in Kanada erreichen konnten.<\/figcaption>\r\n<\/figure>\r\n\r\n\r\n\r\n\u00a0<\/div>\r\n\r\n\r\n\r\n
Es n\u00fctzt alles nichts, wir schieben uns im Schneckentempo den Highway hinunter, in der Hoffnung Hilfe zu finden. Einige Stunden sp\u00e4ter erreichen wir klappernd und knallend das James Creek Maintenance Camp, wo uns die freundlichen Bauarbeiter ihr Telefon leihen. Als wir den CAA (kanadischer ADAC) anrufen, fragt uns die Stimme am anderen Ende der Leitung: ,,Wo sind Sie?“<\/p>\r\n\r\n\r\n\r\n
\u201eIm James Creek Maintenance Camp auf dem Dempster Highway, etwa 70km vor Fort McPherson“<\/p>\r\n\r\n\r\n\r\n
,,Ist das noch in Kanada?“<\/p>\r\n\r\n\r\n\r\n
,, \u2026\u201c<\/p>\r\n\r\n\r\n\r\n
\u00a0<\/div>\r\n\r\n\r\n\r\n
Reale Probleme eines riesengro\u00dfen Landes. Darauf sollte sich jeder einstellen, der sich mit dem Wohnmobil durch Kanada bewegt. Die Zusicherung des CAA, dass uns noch heute ein Abschlepper in das etwa 180 Ki\u00adlometer entfernte Inuvik bringen w\u00fcrde, bezweifeln wir stark. Schlie\u00dflich setzt die F\u00e4hre erst morgen wieder \u00fcber den Peel River nach Fort McPherson.<\/p>\r\n\r\n\r\n\r\n
\u00a0<\/div>\r\n\r\n\r\n\r\n
Wir warten genervt, aber geduldig und unterhalten uns derweilen mit unseren unfreiwilligen Gastgebern. Rob und Will wohnen in Inuvik und Fort McPherson. Sie sind immer im Wechsel 14 Tage im Camp stationiert und dann wieder eine Woche zuhause. Den ganzen Sommer lang. Ihre Aufgabe besteht darin, den Highway und das Camp in Stand zu halten. Die beiden ebnen mit einer gro\u00dfen Planierraupe regelm\u00e4\u00dfig den Schotter (Grading), um die Wellblechbildung einzud\u00e4mmen.<\/p>\r\n\r\n\r\n\r\n
\u00a0<\/div>\r\n\r\n\r\n\r\n
Rob und Will k\u00fcmmern sich um kleinere Reparaturen an den Baumaschinen und um Reisende wie uns, die mit dem Wohnmobil durch Kanada touren und dann bei ihnen stranden. Man kann sich n\u00e4mlich nicht nur Hilfe, sondern auch Wasser bei ihnen holen. Als wir mit den beiden sprechen, muss der dunkelhaarige Rob ein verunfalltes Motorrad mit seinem gro\u00dfen Pickup einsammeln. Der Fahrer liegt bereits in Inuvik auf der Intensivstation.<\/p>\r\n\r\n\r\n\r\n
\u00a0<\/div>\r\n\r\n\r\n\r\n
Als klar wird, dass heute niemand mehr unser Wohnmobil abschleppen w\u00fcrde, lassen uns die beiden auf dem Hof \u00fcbernachten. Au\u00dferdem werfen sie einen Blick in unser Auto in der Hoffnung, es reparieren zu k\u00f6nnen. Leider stellen sie dabei fest, dass der Vergaser und die Steuerkette hin\u00fcber sind. Will, der \u00e4ltere der beiden, ruft daraufhin selbst bei dem Abschleppdienst in Inuvik an, um sicherzugehen, dass man uns am n\u00e4chsten Tag abholen w\u00fcrde. Er kennt die Werkstatt pers\u00f6nlich und der Abschleppwagen kommt tats\u00e4chlich gegen Mittag.<\/p>\r\n\r\n\r\n\r\n
\u00a0<\/div>\r\n\r\n\r\n\r\n
Unser gebrechliches Zuhause wird huckepack genommen und wir nehmen im Fahrerhaus Platz. Letztendlich verbringen wir ganze 14 Tage in Inuvik, obwohl wir maximal drei Tage in der 3200-Einwohner-Stadt bleiben wollten. Wie gesagt, so ein Trip mit dem Wohnmobil durch Kanada bringt einem einiges \u00fcber innere Ruhe bei.<\/p>\r\n\r\n\r\n\r\n
\u00a0<\/div>\r\n\r\n\r\n\r\n
\r\nZum dritten Mal abgeschleppt: Unser Zuhause muss den restlichen Weg nach Inuvik Huckepack getragen werden.<\/figcaption>\r\n<\/figure>\r\n\r\n\r\n\r\n\u00a0<\/div>\r\n\r\n\r\n\r\n
W\u00e4hrend wir auf unser Auto warten, gehen wir zum Arbeiten in die st\u00e4dtische Bibliothek. Jeder darf nur 90 Minuten pro Tag surfen. Die Internetverbindung: unglaublich langsam. Aber wir haben ja Zeit, die Ersatzteile werden erst nach ein paar Tagen eingeflogen und die Reparatur dauern dann ebenfalls mehrere Tage. In unserer Zeit dort treffen wir viele interessante Menschen: von indigenen Einwohnern der Gwich’in First Nation und Inuvialuit (Inuit) bis zu tempor\u00e4ren Stadtbewohnern, die nur ein paar Jahre dort arbeiten wollen. Es hat sich auch schon herumgesprochen, dass wir hier gestrandet sind.<\/p>\r\n\r\n\r\n\r\n
\u00a0<\/div>\r\n\r\n\r\n\r\n
Unter der taghellen Mitternachtssonne erscheint uns all dies sehr surreal und wir verlieren zwischendurch unser Gef\u00fchl f\u00fcr Zeit. Stranden in Inuvik ist in jedem Fall eine einmalige, leicht skurrile Erfahrung, die ich jederzeit wieder auf eine To-Do-Liste f\u00fcr ein Abenteuer mit dem Wohnmobil durch Kanada schreiben w\u00fcrde.<\/p>\r\n\r\n\r\n\r\n
\u00a0<\/div>\r\n\r\n\r\n\r\n
\r\nMount Minto (K’yan in der Sprache der Tlingit) thront \u00fcber dem glasklaren Atlin Lake.<\/figcaption>\r\n<\/figure>\r\n\r\n\r\n\r\n\u00a0<\/div>\r\n\r\n\r\n\r\n
<\/span>Digitale Nomaden im Paradies<\/span><\/h2>\r\n\r\n\r\n\r\n\u00a0<\/div>\r\n\r\n\r\n\r\n
Schon der kluge Mr. Gump sagte: ,,Das Leben ist wie eine Schachtel Pralinen. Man wei\u00df nie, was man bekommt.“ Genau wie das Leben auf Reisen. Nicht jede \u00dcberraschung endet in einem dramatischen Abenteuer, in dem wir stundenlang irgendwo im Nirgendwo festsitzen. Im Gegenteil, positiv \u00fcberrascht werden wir des \u00d6fteren auf unserem Roadtrip mit dem Wohnmobil durch Kanada.<\/p>\r\n\r\n\r\n\r\n
\u00a0<\/div>\r\n\r\n\r\n\r\n
Wie unsere Erlebnisse in der N\u00e4he von Atlin, einer Kleinstadt entlang des Alaska Highways in British Columbia. Es war einer dieser perfekten Tage, an dem einfach alles zusammenpasste. Nach unserer Besichtigungstour des nostalgischen St\u00e4dtchens wollen wir noch etwas weiter gen S\u00fcden. Gute 20 km von Atlin haben wir drei Pl\u00e4tze ausgemacht, auf denen man kostenlos campen kann (Wildcampen ist ein wichtiger Bestandteil unserer Reise). In den Brosch\u00fcren tauchen immer wieder die Worte Warm Springs auf.<\/p>\r\n\r\n\r\n\r\n
\u00a0<\/div>\r\n\r\n\r\n\r\n
Wir sind neugierig, was es damit auf sich hat. Die Stra\u00dfe besteht wiedermal aus sch\u00f6nstem Schotter und die ersten beiden Campingpl\u00e4tze liegen jeweils malerisch an einem See, aber wir fahren zum dritten Platz. Nur wenige Hundert Meter sp\u00e4ter biegen wir ab auf eine Lichtung mit saftig gr\u00fcnem Gras. Die Sonne scheint \u00fcber die Berge im Hintergrund und der nat\u00fcrliche Pool der Warm Springs liegt vor uns. Hier bleiben wir!<\/p>\r\n\r\n\r\n\r\n
\u00a0<\/div>\r\n\r\n\r\n\r\n
Bevor ich mich an mein Arbeitspensum f\u00fcr diesen Tag setzte, tes\u00adten wir erstmal das Wasser. Mangels Thermometer wissen wir nicht genau, wie warm es ist, aber zumindest wird klar, wieso man die Quellen so benannte. Es sind eben doch nur Warm Springs und keine Hot Springs. Der Teich ist recht flach und von Millionen kleinen krebs\u00e4hnlichen Tierchen bewohnt, denen wir m\u00e4chtig egal zu sein scheinen. Nach dem Baden arbeite ich an dem Holztisch in der Sonne und freue mich \u00fcber dieses hervorragende Outdoor-B\u00fcro.<\/p>\r\n\r\n\r\n\r\n
\u00a0<\/div>\r\n\r\n\r\n\r\n
Genau so habe ich mir dieses Leben und Reisen mit dem Wohnmobil durch Kanada vorgestellt. W\u00e4hrend ich in der Sonne sitzend konzentriert in die Tasten haue, bemerke ich im Augenwinkel, dass wir Besuch bekommen. Ein Baumstachler (Stachelwein) tapst die Einfahrt entlang, als geh\u00f6re sie ihm. Wahrscheinlich stimmt das sogar, denn hier kommt nur selten jemand vorbei. Unbesorgt und schnurstracks geht das kleine Tier auf mich zu, bis es mich schlie\u00dflich doch bemerkt und verdutzt, aber flink den R\u00fcckzug antritt. Mehr Natur geht nicht.<\/p>\r\n\r\n\r\n\r\n
\u00a0<\/div>\r\n\r\n\r\n\r\n
\r\nTierischer Besuch bei der Arbeit: Ein Porcupine (Baumstachler) verl\u00e4uft sich kurz in unsere Richtung.<\/figcaption>\r\n<\/figure>\r\n\r\n\r\n\r\n\u00a0<\/div>\r\n\r\n\r\n\r\n
Als europ\u00e4isches Stadtkind, das ich bin, h\u00e4tte ich mir nie tr\u00e4umen lassen, ein Stachelschwein einmal au\u00dferhalb des Tierparks zu sehen. Gl\u00fccklich und zufrieden schlafe ich an diesem Abend ein, umringt von schneebedeckten Berggipfeln und dem geruhsamen Pl\u00e4tschern der Warm Springs.<\/p>\r\n\r\n\r\n\r\n
\u00a0<\/div>\r\n\r\n\r\n\r\n
Auf unserer Reise wandern wir durch tropenartige Regenw\u00e4lder und steigen auf die Rocky Mountains. Wir tauchen unsere Zehen vorsichtig in den mit Eisschollen best\u00fcckten Arktischen Ozean, stehen bis zu den Knien im Atlantik und schwimmen im Pazifik. Wir schlafen unter funkelnden Sternendecken ein und wachen an sandigen Str\u00e4nden auf.<\/p>\r\n\r\n\r\n\r\n
\u00a0<\/div>\r\n\r\n\r\n\r\n
\r\nSternenklarer Himmel: In Nordamerika gibt es noch einige Oasen ohne Lichtverschmutzung.<\/figcaption>\r\n<\/figure>\r\n\r\n\r\n\r\n\u00a0<\/div>\r\n\r\n\r\n\r\n
Als unser Nomadenleben nach 18 Monaten endet, will ich nicht wieder zur\u00fcck in die Berliner Gro\u00dfstadt. Noch immer sehne ich mich manchmal nach der Weite, dem Raum zum Atmen. Das war sicherlich nicht meine letzte Reise mit dem Wohnmobil durch Kanada, ich komme wieder.<\/p>\r\n\r\n
<\/p>","protected":false},"excerpt":{"rendered":"
546 Tage, 49.000 Kilometer, 10 Provinzen und zwei Territorien; mit einem 30 Jahre alten Wohnmobil quer durch Kanada (und ein wenig USA). Eine Geschichte von kargen Internetw\u00fcsten und optimistischen Gestrandeten. Von skurrilen und unerwartet freundlichen Begegnungen, und nat\u00fcrlich B\u00e4ren.<\/p>\n","protected":false},"author":1,"featured_media":11994,"comment_status":"open","ping_status":"open","sticky":false,"template":"","format":"standard","meta":{"_acf_changed":false,"wprm-recipe-roundup-name":"","wprm-recipe-roundup-description":"","ngg_post_thumbnail":0,"footnotes":""},"categories":[143],"tags":[],"class_list":["post-11993","post","type-post","status-publish","format-standard","has-post-thumbnail","hentry","category-reiseberichte-at"],"better_featured_image":{"id":11994,"alt_text":"","caption":"","description":"","media_type":"image","media_details":{"width":1920,"height":1080,"file":"2019\/09\/paulcamper-magazin-reiseberichte-arbeiten-auf-reisen_01.jpg","sizes":{"medium":{"file":"paulcamper-magazin-reiseberichte-arbeiten-auf-reisen_01-300x169.jpg","width":300,"height":169,"mime-type":"image\/jpeg","source_url":"https:\/\/pcmagazin.wpengine.com\/wp-content\/uploads\/2019\/09\/paulcamper-magazin-reiseberichte-arbeiten-auf-reisen_01-300x169.jpg"},"large":{"file":"paulcamper-magazin-reiseberichte-arbeiten-auf-reisen_01-1024x576.jpg","width":1024,"height":576,"mime-type":"image\/jpeg","source_url":"https:\/\/pcmagazin.wpengine.com\/wp-content\/uploads\/2019\/09\/paulcamper-magazin-reiseberichte-arbeiten-auf-reisen_01-1024x576.jpg"},"thumbnail":{"file":"paulcamper-magazin-reiseberichte-arbeiten-auf-reisen_01-150x150.jpg","width":150,"height":150,"mime-type":"image\/jpeg","source_url":"https:\/\/pcmagazin.wpengine.com\/wp-content\/uploads\/2019\/09\/paulcamper-magazin-reiseberichte-arbeiten-auf-reisen_01-150x150.jpg"},"medium_large":{"file":"paulcamper-magazin-reiseberichte-arbeiten-auf-reisen_01-768x432.jpg","width":768,"height":432,"mime-type":"image\/jpeg","source_url":"https:\/\/pcmagazin.wpengine.com\/wp-content\/uploads\/2019\/09\/paulcamper-magazin-reiseberichte-arbeiten-auf-reisen_01-768x432.jpg"},"1536x1536":{"file":"paulcamper-magazin-reiseberichte-arbeiten-auf-reisen_01-1536x864.jpg","width":1536,"height":864,"mime-type":"image\/jpeg","source_url":"https:\/\/pcmagazin.wpengine.com\/wp-content\/uploads\/2019\/09\/paulcamper-magazin-reiseberichte-arbeiten-auf-reisen_01-1536x864.jpg"},"larger":{"file":"paulcamper-magazin-reiseberichte-arbeiten-auf-reisen_01-1200x675.jpg","width":1200,"height":675,"mime-type":"image\/jpeg","source_url":"https:\/\/pcmagazin.wpengine.com\/wp-content\/uploads\/2019\/09\/paulcamper-magazin-reiseberichte-arbeiten-auf-reisen_01-1200x675.jpg"},"larger_cut":{"file":"paulcamper-magazin-reiseberichte-arbeiten-auf-reisen_01-1200x800.jpg","width":1200,"height":800,"mime-type":"image\/jpeg","source_url":"https:\/\/pcmagazin.wpengine.com\/wp-content\/uploads\/2019\/09\/paulcamper-magazin-reiseberichte-arbeiten-auf-reisen_01-1200x800.jpg"},"large_cut":{"file":"paulcamper-magazin-reiseberichte-arbeiten-auf-reisen_01-900x600.jpg","width":900,"height":600,"mime-type":"image\/jpeg","source_url":"https:\/\/pcmagazin.wpengine.com\/wp-content\/uploads\/2019\/09\/paulcamper-magazin-reiseberichte-arbeiten-auf-reisen_01-900x600.jpg"}},"image_meta":{"aperture":"0","credit":"","camera":"","caption":"","created_timestamp":"0","copyright":"","focal_length":"0","iso":"0","shutter_speed":"0","title":"","orientation":"0","keywords":[]}},"post":11993,"source_url":"https:\/\/pcmagazin.wpengine.com\/wp-content\/uploads\/2019\/09\/paulcamper-magazin-reiseberichte-arbeiten-auf-reisen_01.jpg"},"acf":[],"yoast_head":"\n
Arbeiten auf Reisen \u2013 Mit dem Wohnmobil durch Kanada - PaulCamper Magazin<\/title>\n \n \n \n \n \n \n \n \n \n \n \n \n\t \n\t \n\t \n